Alter - was ist das?

  • Heute konnte man mal wieder in der Zeitung lesen, dass unsere Rentner im statistischen Durchschnitt glücklich sind (sie bekommen ja noch Rente).
    Sie fühlen sich jung, aktiv und fit. Erst ab 74 Jahren (Statistik) etwa bezeichnen sie sich selbst als alt.
    Meine Oma war 87 Jahre, als sie krebskrank starb. Sie war immer ein aktiver Mensch, fühlte sich nie alt, bezeichnete andere Altersgenossen als alt. Sie selbst kam uns Enkeln nie omahaft vor und wurde eben irgendwann einfach schwer krank und starb.

    Im Gegensatz dazu kenne ich junge Menschen, die nur klagen, keine Perspektive und Null Bock haben oder Leute meines Alters, die behaupten, das Leben habe sowieso keinen Sinn, wenn man nicht dreimal im Jahr in Urlaub fahren, jedes Wochenende gut essen und trinken könne ... Deren Lebensplanung ist erfüllt oder zerstört und sie wissen gar nichts weiter mit sich anzufangen, als auf die Rente zu warten bzw. jetzt schon wie Rentner zu leben. - Die sind für mich alt! Sie haben keine Lebenserwartung mehr.

    Natürlich kann man nicht über die körperlichen Erschwernisse eines älter werdenden Menschen hinwegsehen. Die sind gegeben, beim einen mehr, beim anderen weniger.

    Aber unser Jugendlichkeitswahn, hat der nicht vielleicht mehr damit zu tun, dass die meisten von uns befürchten, keine Rolle mehr zu spielen im Leben ihrer Mitmenschen?
    Haben deshalb aktive Menschen bessere Chancen innerlich jung zu bleiben? Und da das Innerste nach außen strahlt, auch äußerlich jugendlicher zu wirken?

    Werden wir es deshalb überhaupt jemals schaffen können, mit äußeren "Verjüngungskuren" wirklich nicht alt zu sein?

    Ein Funke, kaum zu sehen, entfacht doch helle Flammen.  [color=#000000]eg 659

  • Altern .... ich würde es eher Altern nennen. Die Sache ist ja, die Erziehung, die Werbung und all der Müll, dem einen die Mitmenschen erzählen... das schlägt sich alles darin nieder, wie man nun meint, sein Leben sehen zu müssen, gestalten zu müssen.

    Die heutige Jugend wächst in ungerechtfertigtem Überfluss auf. Es gibt von allem genug, man braucht sich kaum Sorgen zu machen, zumindest versuchen die Eltern das den Kindern weiszumachen. Ausnahmen bestätigen die Regel.
    Keine Perspektiven. Hmm. Ich würde es eher nennen: Keine realistischen Herausforderungen. Es wird sorglos in den Tag hineingelebt. Nicht wie früher, als von der eigenen Aktivität mehr abhing, als sich ein neues Auto kaufen zu können.. als noch das Überleben von der eigenen Aktivität abhing. Wir leben in einer Zeit der Lügen und Intrigen... der Bilder und Werbungen. Ich persönlich zum Beispiel.. sehe keine Ziele mehr, die massiv von denen hunderttausend anderer Menschen abweichen. Freund/Freundin, Familie, Haus, Job. Find ich schlimm. Will mich nicht einpassen.

    Aber das nur zur Gesellschaft. Die Gesellschaft sagt uns ja auch: Sei jung. Sei schön. Sei sexy. Sei begehrenswert. Was auch immer das bringen soll. Eins führt zum anderen Jugend -> Schönheit -> Idol sein. Was das bringt? tja. Man möchte nicht der grausamen riesigen schwarzen Gestalt entgegensehen, die dort am Ende unseres Weges auf uns wartet. Angst vor dem Tod. Meine Güte, wie peinlich. Angst vor dem Tod ist ja nur die eine Seite. Überlegenswert ist da immer die Perspektive: Mut zum Leben. Alles hört irgendwann auf. Carpe diem. Deine Oma hat's richtig gemacht. Find ich zumindest.

    Aber leben für's Ideal... für ein Bild... meine Güte.... und das ist sie.. die Welt von heute. Und da fragst du, warum alle alt sind? Weil sie nichts sehen, wofür es sich zu leben lohnt. Paradies... ja klar. Gott und Kirche. Schöne Institutionen.. aber auch diese werden immer unpersönlicher. Und so ist es denn. Schade eigentlich.

    Und um jetzt direkt zum Alter zu kommen. Alter ist vermutlich die Erkenntnis darüber, was ich machen kann.. und was nicht. Und man kann sich alles einreden. Insofern können Jugendliche schon so sein, wie Omas .. und Omas so sein wie Jugendliche.

    So seh ich das.

    Gruß, Jump
    *never wants to live forever*

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Aber das nur zur Gesellschaft

    nein nicht die gesellschaft, das gängige system würde ich sagen.

    es ist nur auf funktion und effektivität ausgelegt. älter werden kostet und warum soll so etwas beworben oder als ziel dargestellt werden.

    die familie an sich gibt es nicht mehr. eher das kalkulierte risiko, mit der endkonsequenz -----> altersheim. gesamtökonomisch gesehen kompletter schwachsinn. aber das kapital denkt nur an den jetzigen gewinn und nicht an die gesellschaft.

  • Zitat

    aber das kapital denkt nur an den jetzigen gewinn und nicht an die gesellschaft.

    Doch, das Kapital denkt schon an die Gesellschaft, aber in dem Sinne, das sie diese in der Form und der Funktion von Kapitalverwertung integriert und vereinahmt hat. Und in der Reproduktionsfunktion innerhalb der Institution Familie schafft es sich seine zukünftige Basis und somit seinen zukünftigen Gewinn.

  • Zitat

    krass ausgedrückt ist es moderne sklavenhaltung nur das es der sklave (möglichst) nicht merkt

    Und das ist nicht krass ausgedrückt, das hast Du nämlich exakt ausgedrückt. Dieser Staat auf kapitalistisch-imperialistischer Grundlage und sein Überbau faulen vor sich hin und stolpern von Krise zu Krise, und es bleibt ihm nichts anderes übrig, als seine wahren Ziele und Zwecke vor seinen Sklaven geheim zu halten, und daher und darum ist die heutige Politik eine reine Verschleierungspolitik.

  • So und nun erklärt mir mal bitte, was der Unterschied zwischen Alter im Imperialismus und Alter im Sozialismus ist.

    Ist Altwerden in einem sozialistischen Staat schöner, als in einem sogenannten imperialistischen?

    Ein Funke, kaum zu sehen, entfacht doch helle Flammen.  [color=#000000]eg 659

  • Er hindert Dich insoweit in Deinen persönlichen Zielsetzungen, das er Dir einmal einen grossen Teil Deiner persönlichen Handlungsfreiheiten nimmt, um Dich so zu verwirklichen, wie Du es möchtest, siehe z.b. die unterschiedlichen Bildungswege, womit er selektiert, wer dies und das wird, und zweitens musst Du heute für alles, um Dich selbst verwirklichen zu können, eine Menge bezahlen. Auch, um beim Thema zu bleiben, das Alter wie das Altern ist heute in dieser Gesellschaft nur unter ökonomischen Aspekten zu sehen, nicht mehr unter Sozialen. Und das gilt für alles in dieser Gesellschaft.

    Der Staat und sein Überbau lassen Dir also sehr, sehr wenig Spielraum in Deinen persönlichen Zielsetzungen.

  • [ziemlich ot.. aber dennoch beantwortenswert]

    was müssen das für Ziele sein ....
    wo die großen Anarchisten hingehen woll'n
    und sich dabei stoßen.

    auf die Melodie von


    "was müssen das für Bäume sein
    wooo diiie großen Elefanten spazieren geh'n
    ohne sich zu stoßen...

    links sind Bäume rechts sind Bäume
    und dazwischen Zwischenräume
    woo diie großen Elefanten spazieren geh'n
    ohne sich zu stoßen..."
    [/ot]

    Also: Was sind denn das für Ziele?

    Gruß, Jump

  • jeder ist seines Glückes Schmid, hat eigentlich jemand gesagt, dass das Leben einfach sein soll ...

    mir erscheinen die Botschaften des Bundesbürgers im Jahr 2005 hoch grotesk; eigentlich haben wir doch Glück gehabt, ich möchte nicht tauschen, weder mit dem Soldaten, der in Staligrad gekämpft hat, noch mit dem Serben im Kosova ... auch nicht mit dem Menschen in Bangladesh oder in SriLanka ...

    aber es wird lamentiert, auf das "System" geschimpft, wo es eigentlich eine Sinnkrise des Einzelnen ist. Wir sind zu satt, ja ... und haben das verloren, was eigentlich Menschsein ausmacht, für mich

    [SCHILD]das Postulat der Solidarität[/SCHILD]

    Gerade in Freiheit könnte man es exzellent leben, aber es wäre ja zu anstrengend ... man müßte der eigenen Bequemlichkeit entsteigen

    Ich gewinne dem Alter zunehmend positive Seiten ab ... denn es vollendet sich was, wenn auch anders als gedacht.

  • Zitat

    Original von Ahasveru
    Er hindert Dich insoweit in Deinen persönlichen Zielsetzungen, das er Dir einmal einen grossen Teil Deiner persönlichen Handlungsfreiheiten nimmt, um Dich so zu verwirklichen, wie Du es möchtest, siehe z.b. die unterschiedlichen Bildungswege, womit er selektiert, wer dies und das wird, und zweitens musst Du heute für alles, um Dich selbst verwirklichen zu können, eine Menge bezahlen. Auch, um beim Thema zu bleiben, das Alter wie das Altern ist heute in dieser Gesellschaft nur unter ökonomischen Aspekten zu sehen, nicht mehr unter Sozialen. Und das gilt für alles in dieser Gesellschaft.

    Der Staat und sein Überbau lassen Dir also sehr, sehr wenig Spielraum in Deinen persönlichen Zielsetzungen.

    Da gehst Du konform in den Ansichten eines Erzkapitalisten, der mir gerade eben sagte, dass man sich alte Menschen und ein schönes "Familienleben" für sie erst mal leisten können muss!

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  • ich möchte hier jetzt nicht die anarchistischen Ziele hören.. sondern, was sich der Ahas .. als System-Schimpfer.. im Alter wünscht und nie nie nie verwirklichen kann, weil das System ihn daran hindert.

    Und darum soll das hier sein. So.

    Jump

    Nachtrag: für sein persönliches Wohl... und mal ganz egoistisch...

    Einmal editiert, zuletzt von JumpIntoDeath (23. Januar 2005 um 00:51)

  • Wenn man sich so umhört in der Altersklasse der Übervierzigjährigen, dann hört man immer häufiger, dass diese sich für ihr Alter nicht ein Leben in ihrer Familie, sondern eine Art WG wünschen.
    Jeder bringt ein, was (noch) kann, sowohl an Tätigkeit als auch an Finanzen.
    Man muss sich natürlich im Klaren darüber sein, dass das nicht ganz ohne Hilfe jüngerer Menschen geht.

    Ob sich so ein Traum in unserer Gesellschaft verwirklichen lässt?

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  • Zitat

    Original by Jump
    Also: Was sind denn das für Ziele?

    Im Alter? Na, das ich rechtzeitig auf die Bettpfanne gesetzt werde, und mir dazu auch die Pflegekraft leisten kann.

  • @ Nucleus

    Als Tattergreis habe ich mümmelnderweise keine grossen Einspruchsmöglichkeiten in Richtung persönlicher Vorlieben. Ich muss da platzieren und aborten, wo man mich draufsetzt und wie es die Krankenkasse zahlt, vielleicht bekomme ich ja auch nur zwei Stöcke, einen zum Abstützen, den anderen, um Fliegen zu verjagen, :baby:

  • Zitat

    Original von Mindiyana
    @ Kolibri: Mein Mann und ich hatten dieses Thema unlängst auch. Ein Freund von uns hatte vorgeschlagen, dass sich auf diese Weise mehrere zusammentun, und dann z. B. eine Haushälterin oder Pflegekraft angestellt wird, die dann für alle zuständig ist. Erstens wäre die dann ausgelastet und zweitens wäre sie finanziell tragbar, wenn sich mehrere Parteien ihre Bezahlung teilen.

    Eigentlich nicht schlecht soweit. Nur habe ich Bedenken wegen des ungewohnten mit vielen Zusammenlebens. Was, wenn es Krach und Streit gibt? Nicht jeder ist so verträglich und einsichtig und kompromissbereit, wie man es dann wohl sein müsste. Und selbst Menschen, mit denen man bis jetzt ohne Probleme klarkommt - wie das nachher aussehen kann, das sieht man manchmal schon bei einem gemeinsam verbrachten Urlaub, manchmal auch erst viel später ...

    Also, ich habe da meine Zweifel.

    Tja, ich fürchte, diese Zweifel sind berechtigt, denn wer 60 Jahre lang ein eigenes Leben geführt hat, kann sich vermutlich nur sehr schwer in so ein Zusammenleben einfügen und das müsste man dann wohl.
    Dieselben Zweifel plagen alle, mit denen ich darüber sprach auch.
    Es gibt ja schon solche "betreuten Wohngemeinschaften", von denen müsste man wohl lernen.
    Aber viele Menschen möchten im Alter nicht mehr lernen (auch hier fängt das "Alter" manchmal schon nach Schule oder Uni an).

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