Geld, Gauner, Gefahren und Nucleus
Nuc grinste breit und murmelte ironisch; „Na also! Geld regiert die Welt und mit Kohle wurden schließlich schon ganz andere Kerle zum Schweigen gebracht!“ Laut fügte er hinzu; „Momentan schleppt ihr euren Kram mühevolle zum Gipfel empor.. holt euch Frostbeulen und vergeudet sinnlos eure Kräfte. Bei dem Schneckentempo dauert es Tage.. vielleicht sogar Wochen bis die letzten Teile oben angelangt sind! Vorschlag zur Güte! Wir testen einen Tag meine Variante! Stellt sie sich als Flop heraus, zahle ich jedem von euch ...hmmm... sagen wir 20 Dollar und alles bleibt wie gehabt. Ihr habt lediglich einen Tag verloren, aber dafür das Geld! Okay? Glaubt mir Männer ihr könnt NICHT verlieren.. ihr könnt NUR gewinnen!“
Die Männer waren begeistert und jubelten Nuc zu. John M. Smile jedoch, hätte Nucleus liebend gerne den Hals umgedreht. Er, der lange genug in der Wildnis lebte und dem weder die unterschiedlichsten Menschen noch ihre Niedertracht fremd waren, verfügte über ausreichend Menschenkenntnis um zu erkennen, dass sich Nucleus mit seinem Verhalten in Gefahr brachte. Der General schüttelte den Kopf und schimpfte; „Ist der Hitzkopf denn von allen guten Geistern verlassen?! Oder ist er lebensmüde?! Prahlt der Verrückte in der Öffentlichkeit mit seiner Barschaft herum! Tz...Tz...Tz ... Verrückter Kerl verrückter! Selbst dem Einfältigsten dürfte klar sein, die Aussicht auf ein Bündel leicht verdienter Dollars führt nicht nur Halunken in Versuchung.“
Und Smile lag mit seiner Einschätzung gar nicht mal daneben. Der Bärtige, der bereits seit den ersten Tagen gegen Nucs Aufnahme wetterte und bei dem es sich, wie der General inzwischen mehrmals feststellen konnte, um einen ganz linken Vogel handelte, meldete sich zu Wort. „WER meine Zustimmung will, muss SOFORT Löhnen! He Banane, lass die Kohle rüberwachsen oder der Deal platzt!“ Schrie er lauthals. Leise flüsterte er jedoch seinem eben so wenig vertrauenserweckenden Kumpel ins Ohr; „Wir sollten den Kerl mal gründlich filzen! Könnte ne Menge leichtverdiente Kohle dabei herausspringen! *hähhähhäh...“
Ihr hämisches Gelächter.. die Art, wie sie tuschelnd die Köpfe zusammen steckten und die Gier in ihren Augen, sowie die abschätzenden Blicke, mit denen sie Nucleus musterten... all dies erregte Smiles Aufmerksamkeit. Instinktiv ahnte er, dass die beiden etwas ausheckten. Der General roch förmlich den Ärger, der in der Luft lag und er nahm sich fest vor, zukünftig ein wachsames Auge auf Nucleus zu haben.
Gesagt – getan.
Nachts, während sich die Männer in ihre Zelte verkrochen, legte sich der General auf die Lauer. Smile fühlte sich, trotz des anstrengenden Tages, taufrisch denn er war es gewohnt mit wenig Schlaf auszukommen. Es war bereits weit nach Mitternacht, als er Schatten registrierte die sich vorsichtig Nucs Zelt näherten. Sofort läuteten bei Smile die Alarmglocken. „Also doch...“ brummte er, von düsteren Vorahnungen geplagt und ärgerte sich, dass sich Nucleus durch sein unüberlegtes Verhalten in Gefahr brachte. Smile erhob sich, lud seine Winchester durch und schlich hinter den Gestalten her.
Das gleichmäßige Schnarchen des Schlafenden war bereits vor dem Zelt zu hören. Lautlos schlug der Bärtige die Plane zurück, während sein Blick das Zeltinnere abtastete. Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit. Schemenhaft erkannte der Bärtige die zusammengerollte Gestalt eines Menschen, der unter etlichen Decken tief und fest zu schlafen schien. Siegessicher winkte er seinem Kumpan zu, zückte sein Jagdmesser und deutete damit auf den Schlafenden.
Plötzlich fühlte er den kalten Lauf eines Gewehres, der sich fest in seinen Nacken bohrte und vernahm eine zischende Stimme. „Du kennst die Gesetze? Diebe werden auf der Stelle erschossen! Ich versichere dir.. EINE unüberlegte Bewegung und du bist mausetot!!!“
Der Bärtige zuckte zusammen, ließ sein Messer fallen, riss hastig beide Arme empor und stotterte; „Wa-was soll da-das? Du-du wirst doch nicht.. du-du verkennst die Situation.. es ist alles ga-ganz anders..“ hilfesuchend schaute er in Richtung seines Kumpels, doch dieser zuckte nur entschuldigend mit den Schultern, denn hinter ihm stand breitbeinig Nucleus und bohrte ihm grinsend seine Waffe in den Rücken.
Die Mounties nahmen kurze Zeit später die beiden Halunken in Gewahrsam. Der Bärtige und sein Kumpel machten lange Gesichter, konnten aber dennoch froh sein, dass man sie nur einlochte und nicht an Ort und Stelle erschoss, denn bei Diebstahl gab es am Chilkoot-Pass kein Pardon.
Es dämmerte bereits als sich Nucleus und Smile endlich zur Ruhe begaben.
Nuc war völlig aufgewühlt. Der Schrecken saß ihm noch gewaltig im Nacken. Wieder und wieder ließ er die Ereignisse des vergangenen Tages Revue passieren und jedes Mal liefen ihm kalte Schauer über den Rücken. Niemals wäre es ihm bei seiner Abreise in den Sinn gekommen, dass er bei dem Abenteuer in Lebensgefahr geraten oder sich sogar auf eine Reise ohne Wiederkehr begeben könnte. Bisher verlief sein Leben in ruhigen Bahnen und wenn er ein Risiko einging, so war es von allen Seiten durchleuchtet und gut durchkalkuliert. Aber vielleicht war gerade dies der Grund, warum er sich auf ein solches Abenteuer eingelassen hatte. Trotzdem bedauerte er es keineswegs, ausgerechnet das wilde Alaska als „Reiseziel“ gewählt zu haben.
Nucleus grübelte, bis ihm schließlich vor Müdigkeit die Augen zufielen.
Unruhig wälzte er sich hin und her, fiel er in einen unruhigen Halbschlaf und jedesmal plagten ihn die fürchterlichsten Alpträume. Er wurde von einer gierigen Meute gejagt.. er wurde gehetzt.. beraubt und immer wieder blickte er in die mordlustige Fratze des Bärtigen, der ihm ein riesiges Messer unter die Nase hielt und ihn barsch aufforderte „endlich die Kohle rauszurücken“.......