• Ab heute ist hier im KONTROMISSLOS der Platz für Deutschlands größten Liedermacher:


    Reinhard Mey


    wenn'se wissen was ich meine
    dujunowattaimien


  • Als ich meine erste Schallplatte gekauft habe, war ich vielleicht zwölf Jahre alt. Wir hatten damals nicht viel Geld – ich jedenfalls konnte mir so etwas wie Musik auf Vinyl nur ganz selten leisten.


    Neue Platten waren sowieso komplett außerhalb meiner Reichweite.

    Ich war in Krefeld unterwegs, und es war Winter, kurz vor Weihnachten. Es gab einen Trödelmarkt wo es es nach Glühwein und nach gebrannten Mandeln roch, und irgendwie auch nach Hoffnung.


    In meiner Jackentasche hatte ich drei Mark, mehr nicht. Die hatte mir meine Mutter mitgegeben.

    Ein kleiner Betrag also , aber für mich war es an dem Tag alles was mich in die Lage versetzte zielstrebig nach etwas käuflichem Ausschau zu halten.

    Ich schlenderte also von Stand zu Stand, auf der Suche nach irgendwas, das zu mir passte , etwas, das ich mir leisten konnte und was mir irgendwie Freude bereiten sollte.

    Dann sah ich sie, eine gebrauchte Schallplatte von Reinhard Mey.

    Ich kannte ein paar Lieder von ihm aus dem Radio, und irgendwie mochte ich sie immer alle. Nicht laut, nicht aufdringlich, aber sie blieben hängen, und deswegen habe ich sie mir geschnappt, bevor es ein anderer tat.

    Zuhause legte ich sie sofort auf. Und dann kam dieses eine Lied:


    „Manchmal, da fallen mir Bilder ein“


    Ich weiß nicht, was es genau war, aber das Lied hat mich damals direkt erwischt, und es war, als ob jemand in meinem Kopf die Vorhänge aufmachte, und ich plötzlich Dinge sah an die ich vorher nie so klar gedacht hatte.

    Reinhard Mey sang da über Erinnerungen, über Dinge, die einem so einfach zwischendurch einfallen, ganz ohne Grund, und ich wusste sofort, was er meinte.

    Ich habe das Lied rauf und runter gehört, immer und immer wieder.

    Es war so, als ob da jemand genau das ausdrückte, was ich selbst nie in Worte hätte fassen können, und genau das hat mich bis heute nicht mehr losgelassen.

    Diese Platte war für mich nicht nur ein Glücksgriff. Sie war so etwas wie der Anfang meiner Liebe zur Musik, zu einer, die was erzählen will und nicht nur unterhalten.

    wenn'se wissen was ich meine
    dujunowattaimien


  • Es bleibt eine Narbe zurück


    Es ist kein lauter Song, kein Aufschrei und auch kein Anklagebrief, sondern vielmehr ein stilles Eingeständnis.
    Ein Brief an jemanden, den man verletzt hat. Vielleicht vor langer Zeit. Vielleicht erst gestern.
    Und während man zuhört, merkt man, dass man selbst gemeint ist – nicht nur als der, der verletzt wurde. Sondern auch als der, der verletzt hat.

    Da ist diese leise, nagende Erkenntnis, dass wir – trotz aller Liebe – manchmal genau denen wehtun, die uns am nächsten stehen.
    Nicht aus Bosheit. Nicht einmal aus Absicht.


    Oft sind es Worte, die man sagt, obwohl man sie gar nicht meint, und sie fallen wie splitterndes Glas auf jemanden, der einem vertraut hat.

    Reinhard Mey nimmt kein Blatt vor den Mund, sondern er spricht davon, dass es Spuren gibt, die bleiben, auf der Haut und im Herzen.

    Und auch wenn man sich entschuldigt, auch wenn man bereut: Es bleibt eine Narbe zurück.

    Nicht, um ewig daran erinnert zu werden, was falsch lief. Sondern, um sich bewusst zu machen, wie fragil alles ist, was wir „Liebe“ nennen.

    Wer dieses Lied hört und nichts fühlt, war vielleicht nie wirklich nah dran an einem anderen Menschen.

    Denn wer sich je aus tiefstem Herzen geschämt hat, wer je auf ein „Ich verzeihe dir“ gehofft hat, der weiß auch, was Reinhard Mey meint.
    Und er weiß auch, wie es sich anfühlt, wenn es ausbleibt.

    Aber der größte Mut in diesem Lied liegt nicht in der Reue. Sondern im Bekenntnis:
    „Ich habe dich verletzt, und ich trage diese Wunde mit dir.“

    Nicht, um erlöst zu werden, sondern weil es einfach die Wahrheit ist.

    Und in genau diesem Moment, in dieser Aufrichtigkeit, entsteht etwas, das mehr heilt als jedes Versprechen.

    wenn'se wissen was ich meine
    dujunowattaimien



  • Es gibt keine Maikäfer mehr


    Es ist nur ein Lied. Ein paar Takte, ein paar Worte.

    Aber wenn Reinhard Mey singt, „es gibt keine Maikäfer mehr“,.....

    ----- dann ist das nicht einfach nur ein Satz. Dann ist das ein tiefer Seufzer. So einer, den man nicht hört, wenn jemand neben einem sitzt, aber spürt, wenn man selbst gerade leise geworden ist.

    Denn ja, das stimmt. Es gibt sie nicht mehr. Oder vielleicht gibt’s sie irgendwo noch ? Aber nicht in meiner Welt. Zumindest nicht in der, die ich kannte, als ich klein war.
    Eine Zeit, in ider ich mir zu denken glaubte, dass manche Dinge einfach immer bleiben.

    Die Sommer. Das Lachen. Die Menschen. Die Käfer.

    Und plötzlich merkt man: "Das Leben fragt dich nicht, ob du bereit bist loszulassen, sondern es nimmt dir einfach.

    Mal schnell, mal langsam, aber immer irgendwie schleichend Und das auch immer irgenwie unaufhaltsam.

    Irgendwann stehst du da, und schaust zurück auf eine Wiese, auf der nichts mehr krabbelt.

    Dieses Lied erinnert mich daran, wie oft man Dinge erst vermisst, wenn sie schon weg sind, und wie sehr man sich wünscht,
    man hätte mehr hingesehen, mehr gespürt, mehr daran festgehalten.

    Ich weiß, man kann nicht alles bewahren.
    Nicht jede Kindheit, nicht jeden Duft, nicht jedes kleine Wunder mit Flügeln.

    Aber trotzdem tut’s weh.
    So ein stilles Weh, das sich nicht aufdrängt, aber bleibt, wie eine Lücke im Herzen, die keiner sieht, aber die Du dennoch spürst.Und das meistens dann, wenn es ganz ruhig wird.

    Und vielleicht ist das die eigentliche Kraft von so einem Lied:

    Dass es nicht so tut, als könnte es etwas ändern. Sondern dass es sagt:

    "Ich hab’s auch gesehen. Ich hab’s auch verloren. Du bist nicht allein."

    wenn'se wissen was ich meine
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