• WEGGEMEINSCHAFT

    Ich gehe meinen Weg
    in Gedanken an dich
    und meine Schritte zeichnen
    deinen Namen auf den Asphalt.

    Mein Herz klopft die Silben,
    deines Namens im Takt
    und hört nicht auf nach dir zu fragen.
    Hält inne im Lärm des Lebens.

    Wartend auf dich,
    wissend, du kommst bald!
    Um zu teilen mein Sein -
    so ist nichts vergebens.


    © * K. Sz. *

    Sunnyi :kitty:

    "Erwarte nichts. Heute: das ist dein Leben."
    Kurt Tucholsky

  • Die erste Zeile von Weggemeinschaft mag den Zauber beschwören, mit "meinen" Weg einen Lebenspfad allein und damit all-ein im Sinne einer ungeteilten Einigkeit mit allem zu gehen, auch und insbesondere mit sich selbst.

    Doch der Zauberschleier wird recht licht und offenbart die Realität, wenn hinter der Fassade des All-einen eher die Sehnsucht des Ein-samen hervorlugt. Ein-same sucht immer das Gemein-same und möchte in Verbindung treten, um sich selbst zu bestätigen und damit zu definieren. Dieser Wunsch ist tiefe Sehnsucht im Herzen.

    Den Namen in den Gedanken wie den Schritten zu zeichnen drückt diese Sehnsucht aus. Das Sehnen, im Anderem zu finden, was man selbst ist, ist gleichzeitig auch der Wunsch des Erkennenwollens, sich selbst zu erschauen im Spiegel des Gegenübers. Diese Gleichheit des Schauenden und dem Geschauten seiner selbst im Anderen macht aus dem Ein-samen das Gemein-same.

    Der Takt des Herzens ist in der Sehnsucht auch immer die Stimme des selbst, mit den Augen des Selbst auf sich selbst zu schauen. Denn niemand findet im Anderen, was er nicht eigentlich selbst ist. Das Herz möchte nicht durch sehnsuchtsvolles Fragen suchen, das Herz möchte in Liebe finden. Sehnsucht ist immer die Sucht nach etwas, was man vermeint, nicht zu haben und damit selbst zu sein. Und das steckt in der Suche nach Ge-mein-schaft und Ge-mein-samkeit. Das, was ich finden möchte, soll mein werden und damit zu mir selbst, in und durch den anderen.

    Sehnsucht schliesst somit im Anderen das Andere aus. Das, was als Teilen empfunden wird, ist die Teilung des Anderen in dem, was mir selbst entspricht und nicht entspricht. Somit teilt es das Andere in Liebenswürdiges und Nichtwürdiges.

    Sehnsucht ist nicht Liebe. Liebe ist all-ein und somit offen für alles. Sie teilt nicht, sie vereint. Sie sucht nicht, sie findet und empfängt. Liebe ist Freiheit und belässt den Anderen wie das Andere in seiner Freiheit seiner selbst.

    Wer sich selbst liebt in all ihrer Freiheit, liebt in dieser Freiheit auch den Anderen und das Andere. Liebe ist nicht geteilte Gemeinschaft, Liebe vereint zu einem Eins-sein im All-ein-sein. Liebe löst alles Trennende auf, sie spiegelt nichts, sie erkennt sich selbst im Ich und Du und weiss, das es nichts Anderes als sie selbst gibt.

    Weggemeinschat ist ein Gedicht voller Sehnsucht des Herzens. Der Sehnsucht, Liebe zu finden und sich in der Liebe eins zu fühlen,:).


  • Liever Ashveru,

    Danke auch wieder für deinen ausführlichen, leidenschaftlichen Kommentar zu
    meinem Gedicht!
    Hier gehen jedoch deine Sichtweise und das, was ich meine, nicht ganz konform. ;)
    Mein Gedicht ist kein Hohelied auf die Einsamkeit.
    Weggemeinschaft betont hier eher die glückliche Zweisamkeit – als die Einsamkeit.
    Ich gehe zwar momentan allein den Weg entlang, bin aber in Gedanken zusammen
    mit meinem Partner. Dieses Gefühl der Verbundenheit geht über die Momente des
    Zusammenseins hinaus – der Partner, Freund, Geliebter; wie auch immer, ist gegenwärtig
    im Taktschlag meines Herzens und mit jedem Schritt . :)

    Aber, und das ist ja jedem freigestellt, Betrachtungs- und Empfindungsweisen
    Können unterschiedlich sein.

    Hattest du Gelegenheit, meine Gesichte „Kürbisengelchen“ zu lesen? Bin gespannt, was
    du da herausliest und ob die Botschaft, die Metapher, die von mir darin steckt, bei dir ankommt.


    Mit lieben Grüssen
    ~ Kerstin ~

    Sunnyi :kitty:

    "Erwarte nichts. Heute: das ist dein Leben."
    Kurt Tucholsky

  • Liebe Kerstin,:)

    Zitat

    Mein Gedicht ist kein Hohelied auf die Einsamkeit.

    Das steht da keineswegs und möchten meine Worte auch nicht ausdrücken,:). Zusammengefasst sagte ich damit nur, das Dein Gedicht Weggemeinschaft hauptsächlich von der Emotion Sehnsucht geprägt ist. Diese habe ich dann gegenüber dem weitaus tieferen Empfinden von Liebe gestellt, indem ich doch die eklatanten Unterschiede zwischen beiden Gefühlen herausgestellt habe. Weil meines persönlichen Erachtens Sehnsucht und Liebe in ihrer emotionalen Struktur sehr differieren.

    Den Bezug auf einen Partner habe ich schon verstanden. Und oben erwähnten Unterschied einer von Sehnsucht erwünschten Verbundenheit und einer wirklich vereinenden Verbundenheit im Sinne eines Einsseins herauskristallisiert Weil Sehnsucht -> Wunsch nach etwas nicht gleich Liebe -> Wirklichkeitsempfinden bedeutet. Daraus resultiert, das Du in Deiner Sehnsucht noch von Deinem Partner getrennt bist, denn Sehnsucht ist Hoffnung auf ein Einssein, nicht aber das Einssein im Sinne einer wahren Verbundenheit an sich, das wäre die Liebe.

    Und das drückte ich in konzentrierter Form in meinem letzten Satz aus:

    Zitat

    Weggemeinschat ist ein Gedicht voller Sehnsucht des Herzens. Der Sehnsucht, Liebe zu finden und sich in der Liebe eins zu fühlen

    Meine Worte möchten in diesem Sinne mehr in die Tiefe führen, sind also keine eigentliche Bewertung Deines Gedichtes,:)

    Lieber Gruss,:)

  • Ich danke dir für deine Worte!

    "...das Dein Gedicht Weggemeinschaft hauptsächlich von der Emotion Sehnsucht geprägt ist" -

    dies stimmt! Und es ist wahr, so lange man alleine geht... sind die Gedanken in Sehnsucht bei dem anderen, denn man ist ja noch allein.

    "...Meine Worte möchten in diesem Sinne mehr in die Tiefe führen"-

    -das ist dir auch i.d. Erklärung gelungen - Danke dafür.

    Lieber Abendgruß!

    ~ Kerstin~

    Sunnyi :kitty:

    "Erwarte nichts. Heute: das ist dein Leben."
    Kurt Tucholsky

  • Liebe Kerstin,:)

    Gut, bringen wir als dritte Komponente noch ein verbindendes Element zwischen den Gefühlen von Sehnsucht und Liebe zur Sprache, welches eine Brücke zwischewn beiden baut.

    Dieses verbindende Element ist die Hingabe. Hingabe im Sinne von einem Fallenlassen in Dein Gefühl der Liebe, denn diese ist in Dir, weil Du sie selbst bist. Deine ausgedrückte Sehnsucht ist als trennendes Element einer Verbundenheit darauf zurückzuführen, das diese versucht, verstandesmässig zu erfassen, was nicht für den Verstand zu erfassen ist. Emotionale Ebene und Verstandesebene sind zwar ineinander verflochten, aber trotzalledem auch getrennte Ebenen. Die Verstandesebene wird von der Kausalität des Intellekts beherrscht, und aufgrund dieser Kausalität mit entgegengesetzen Enden entsteht Zeit. Somit ist Sehnsucht immer eine irrige Illusion eines: Ich wünsche mir - ich habe nicht. Und dieses habe nicht wird vom Verstand in eine Zukunft projiziert.

    Anders die emotionale Ebene. Sie ist wirklich, weil sie dem Wesen näher liegt, wirklich ist und nicht ein künstliches Produkt wie der Verstand. Das hehrste aller Gefühle ist Liebe, es gibt nichts ausser ihr, ihr Licht kann jeweils nur verdunkelt werden. Hingabe bedeutet nichts anderes, als diese dunklen Wolken von Färbungen des Verstandes zu durchbrechen, indem man durch sie hindurch in die Tiefe geht, in sie ein- und hinabtaucht, sich fallen lässt, ohne zu bewerten oder zu benennen.

    Die Sehnsucht als ein Ausdruck des Verstandes setzt Bedingungen, indem sie Voraussetzungen nennt, wenn und wann eine Verbundenheit entsteht.

    Liebe ist frei und bedingungslos. Sie schenkt und empfängt ohne Bedingung und Benennung. Sie ist die emotionale Ebene. Sie ist das Wesen, bist Du selbst. Hingabe bedeutet, in die Tiefe Deines Wesens zu tauchen, in Deine Mitte. In ihr hört alle Sehnsucht auf, denn in der Liebe selbst existiert kein in eine Zukunft projiziertes Wünschen und Sehnen, sondern das Empfinden reiner, beglückender Wirklichkeit.

    Hingabe bedeutet, sich der Liebe selbst hinzugeben, um selbst die Liebe in Wahrheit zu sein. Und da Liebe keine Bedingungen hat, ist sie unendlich und grenzenlos, und in diesem Sinne bist Du in der Liebe mit allem verbunden, auch mit dem Geliebten.

    Lieber Abendgruss,:)

  • [COLOR=orangered]
    Lieber Ahasveru,

    sehr schön, deine Reflexionen über die Hingabe :)und darin stimme ich vollkommen mit dirüberein.

    "Liebe ist frei und bedingungslos " - wie wahr!
    (Wenn es denn die freie, und nicht die egoistische besitzergreifende Form der Liebe ist, die sich dann in Gewalt entläd, wenn sie nicht mehr erwidert wird, wie es leider immer wieder vorkommt, was man so hört). COLOR]

    Sonnige Nachmittagsgrüsse
    :wink:

    Kerstin

    Sunnyi :kitty:

    "Erwarte nichts. Heute: das ist dein Leben."
    Kurt Tucholsky