ZitatOriginal by Kolibri aus dem Heute-Thread
Dieser Entschluss kann doch nicht so plötzlich gefallen sein, Ahasveru, wie er sich hier liest.
Wie kam es dazu?
Es wäre sehr schön, wenn Du dazu einen Thread eröffnen könntest, denn in diesem Bereich gibt es doch bestimmt viele Fragen und Informationen, die es zu stellen, beantworten bzw. auszutauschen gilt.
Nein, dieser Entschluss ist auch nicht plötzlich gefallen. Ich habe mich schon ein paar wenige Male, und das auch nicht ausführlich, über eine Tätigkeit in einem Sterbehospiz unterhalten. Da fand diese Idee auch noch keinen Anklang in mir. In der Zeit nach diesen Gesprächen kam es immer wieder vor, das ich Unterhaltungen mit betagten, aber auch kranken Menschen, führen durfte, welche über das Sterben, ihre Angst davor, usw. sprachen. Diese Gespräche waren sehr intensiv, gerade weil hier auch viele Emotionen zu dieser Thematik aufkamen und diesbezüglich zu einer Tiefe führten. Diese Gespräche hinterliessen ob ihrer Intensität einen Anklang in mir, ich nahm mir die Zeit, um bestimmte Aussagen aus den Gesprächen anhand meiner einjährigen Tätigkeit mit Hauptarbeitsfeld der Sterbebegleitung auf einer Schwerstpflegestation in einem Altenheim zu reflektieren. Und das Sterben in diesem Altenheim entsprach nicht der Würde eines Menschen, hier war es stationärer Alltag. Die Bewohner dort waren nur noch rein medizinisch versorgte Objekte, bei und an denen es galt, seinen Pflegealltag rumzukriegen, wir waren zu zweit auf einer Station mit 34 Bewohnern. Das hast Du nur Minuten Zeit, Dich um jemand, seine Nöte, Schmerzen, seine Ängst, um sein Sterben zu kümmern. Wer starb, starb, manchmal mit Schreien unter tierischen Schmerzen, es gab keine Palliativmedzin, welche die Schmerzen stillt, es gab auch keine psychische Betreuung. Ich hab mir dann manchmal zu einem Sterbenden Menschen ans Bett gesetzt und ihm solange die Hand gehalten, bis er hinüberging, sehr intensive Augenblicke dabei auc für mich selbst erlebend. Es ist gerade das Aushalten, das Mit-Sein, das Da-Sein, was ich nur in diesen leider kurzen Augenblicken erleben wie auch dem sterbenden Menschen schenken durfte. Das war in diesem Altenheim auch nicht die Regel: War ein Mensch verstorben, meinte die geschäftstüchtige Leitung nur: Es kommt ein neuer Bewohner, mach die Leiche fertig und bring sie dann in den Leichenkeller. Das hat mit Würde und Pietät nichts mehr zu tun.
Gut, also dieses Reflektieren brachte mich dazu, eine ehrenamtliche Tätigkeit in einem Sterbehospiz anzunehmen, weil ein jeder Mensch das Recht hat, in Würde sowie auch annähernd schmerzfrei zu sterben. Er hat ein Recht darauf, das er nicht alleingelassen wird, er hat ein Recht darauf, das er im Sinne eines Da-Seins wie eines Mit-Seins auf seinen letzten Stück Weges begleitet wird, er hat ein Recht darauf, das man ihm die letzten Wünsche seines Lebens erfüllt, seine letzten Tage verschönt. Und er hat ein Recht darauf, das er seine letzten Tage als Mensch selbst gestaltet, auch sein Sterben, denn er kann, alles natürlich unter den jeweils gegebenen Umständen, selbst entscheiden, ob er minsoweit wie möglich sein Sterben bewusst erleben möchte, oder ob sein Sterbevorgang möglichst durch schmerzstillende Mittel gedämpft wird. Ich als Begleiter bin ersteinmal nur und allein für ihn da, bin mit ihm und bei ihm und für ihn da, ohne selbst zu gestalten.
Das sind meine Beweggründe, und nein, das ist kein Helfersyndrom, solche Menschen möchte man nicht als Helfer in einem Hospiz. Dort ist es Fakt, das die Gäste, so nennt man die Bewohner dort, sterben werden, es geht darum, das man ihnen die Ehre und Begleitung schenkt, das in aller Würde tun zu können. Es gilt auch, Angehörige und Freunde der Gäste in ihrer Trauer und ihrem Schmerz zu begleiten. Dieser Aufgabe werde ich mich stellen, das mit ganzem Einsatz wie aus vollem Herzen. Wenn man mich dort als ehrenamtlichen Begleiter annimmt.